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Von der Naturalpacht bis zur biologischen Landwirtschaft – Eine Geschichte eines Landwirts aus Süditalien

By 12 Mai 2020No Comments

Zurück zum Ursprung? Ein Interview mit einem Produzenten, der die Landwirtschaft niemals aufgegeben hat

Michele Lobascio, 2020

In einer Zeit einer gesundheitlichen Notsituation, in der die Lebensmittelproduktion wieder zu einem zentralen Thema für alle geworden ist, möchten wir Euch die Geschichte eines Mannes erzählen, der sich nie von der Landwirtschaft verabschiedet hat und sich auch in diesen Wochen auf den Feldern befindet, um sich um seine Oliven- und Mandelbäumen zu kümmern.

Wir haben Michele Lobascio interviewt, den Familienvater von Terradiva, der den landwirtschaftlichen Familienbetrieb lange vor der Gründung der Marke “Terradiva” aufgebaut hat. Hinter der Marke stehen jahrelange Erfahrungen, Bemühungen, Kämpfe, menschliche Beziehungen, Veränderungen in Süditalien und der Art Landwirte zu sein.

Das Interview besteht aus zwei Teilen, dies ist der erste.

Was sind deine ersten Erinnerungen an die Landwirtschaft?

Ich bin seit meinem siebten Lebensjahr auf die Felder gegangen. Damals habe ich meinem Vater geholfen und in dieser Zeit hatten wir auch Tiere: das Pferd, das Maultier, die Eselstute. Wir Kinder halfen den Erwachsenen bei der Tieraufsicht während der “Controra”*, während mein Vater und meine Onkel sich nach dem Mittagessen ausruhten. Sie arbeiteten von der Morgendämmerung, gegen 5 Uhr morgens, bis zum Sonnenuntergang. Der frühe Nachmittag war also für die Tiere und Arbeiter die Zeit sich auszuruhen, bevor sie wieder anfingen zu arbeiten.

*Controra ist die Zeit ab Mittags, der heißesten Tageszeit in Süditalien. Traditionell zieht man sich nach dem Mittagessen für ein Nickerchen an einen kühlen Ort im Haus zurück.

Wofür wurden Tiere in der Landwirtschaft verwendet?

Die Tiere halfen uns das Land zu pflügen, sie waren die Traktoren der Zeit. Sie waren auch wichtig für den Warentransport und der Fortbewegung zwischen dem Dorf – Minervino Murge – und dem Land. Sitzend auf dem Karren, der von einem Maultier und einer Eselstute gezogen wurde, brauchten wir zwei Stunden, um zu den Feldern zu fahren, die mein Vater damals auf der Murgia* kultivierte.

*Die Murgia ist eine Kalkhochebene in Apulien und der Basilikata.

Das Pflügen des Bodens ist für den Anbau von Pflanzen eine sehr wichtige Grundlage, da es ermöglicht die Erdklumpen zu lockern und somit den Boden für die Kulturpflanzen gut vorzubereiten. Während meiner Kindheit brauchten wir Dank der Tiere nur 3 Arbeitstage, um einen Hektar Land zu pflügen. Heute schaffen wir die gleiche Fläche Land in zwei Stunden.

Andere Tätigkeiten bei denen ich meinem Vater half waren die Olivenernte, die Weinlese und der Transport der Schnittabfälle aus den Weinbergen und Olivenhainen. Wir stapelten sie vor dem Feld.

Minervino Murge, Apulien – Süditalien

Wie war als Kind dein Eindruck des Bauernberufs?

Ein anstrengender Job, denn als Landwirt bist du gezwungen bei schlechtem Wetter zu bleiben – egal, ob bei Sonne, Wind, Regen oder Kälte. Dieser Aspekt hat mir nicht gefallen.

Gleichzeitig empfand ich die Arbeit des Landwirts als selbständige Organisation interessant: Obwohl mein Vater und mein Großvater Farmpächter waren, konnten sie ihre Aktivitäten nach Belieben organisieren.

Was bedeutete es ein Farmpächter zu sein?

Die Naturalpacht (la mezzadria) war eine Form der Landbewirtschaftung: Der Eigentümer stellte das Land zur Verfügung, die Arbeiter hingegen die Arme und die Organisation.

Ursprünglich wurde die Ernte zu 50% zwischen Eigentümern und Landarbeitern aufgeteilt. Dann gab es durch die Arbeiter Aufstände, wodurch sie schließlich 60% der Ernte gewinnen konnten. Später baten die Landarbeiter den Eigentümer auch Dünger zu kaufen.

Sogar mein Vater verließ irgendwann die Naturalpacht, es war keine Vergütung. Ich erinnere mich noch, als der Besitzer uns mit seinem Fiat 1100 auf dem Land besuchte: Er beobachtete uns und bat uns Kinder die Mandeln zu sammeln, die während des Transports von den mit Früchten gefüllten Netzen auf den Boden gefallen waren. Wir sammelten sie.

Im Sommer, während der Schulsommerpause, lebten wir auf dem Land und gingen mindestens zwei Wochen oder auch einen Monat lang nicht in das Dorf zurück. Wir alle, also Kinder und Erwachsene, schliefen auf einem Bett, das mein Vater bei der Ankunft aus zwei Strohballen gebaut hatte.

Wir wachten vor Sonnenaufgang auf und gingen sofort nach Sonnenuntergang ins Bett. Es gab einige Freunde meines Vaters, die Geschichten und Märchen erzählten nachdem sie die Tiere gefüttert hatten und bevor sie schlafen gingen. Die Tiere waren gut gepflegt, denn Maultiere und Pferde waren die Traktoren der Zeit. Sie wurden gereinigt und gestriegelt. Die Volpini-Hunde (sehen aus wie ein Spitz) waren ständig um uns herum und hielten uns in Gesellschaft – ich weiß nicht warum, aber ihre Namen waren immer Giglio und Bobby.

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